„Die Angst fährt immer mit“

Veronika Aigner ist Ski-Fahrerin. Sie lebt mit einer Seh-Behinderung. 2021 verletzte sie sich schwer. Ein Jahr später gewann sie zwei Gold-Medaillen bei den Paralympics. Wie ist ihr das gelungen?
"Zwei Skifahrerinnen stehen lächelnd nebeneinander im Schnee. Die Frau links trägt ein Schild mit 'Vision Impaired' (eingeschränktes Sehen), die Frau rechts hat ein Schild mit 'Guide' (Begleitung). Beide haben Skier und tragen Helme. Im Hintergrund stehen Zuschauer."

andererseits: Im Jahr 2021 hast du dich schwer an den Knien verletzt. Ein Jahr später hast du bei den Paralympics zwei Gold-Medaillen gewonnen. Wie war für dich der Weg zurück von der Verletzung?

Veronika Aigner: Es war eine zähe Zeit, definitiv. Ich musste mich wieder komplett zurückkämpfen. Ich konnte über zwei Wochen nicht gehen und war nur im Bett. Dadurch, dass ich es auf beiden Knien gehabt habe, war es aber wieder ein kleiner Vorteil. 

Ich habe beide Operationen auf einmal gehabt, das war ein kleiner Mengen-Rabatt, haben wir immer gesagt. Aber nicht selber duschen können, auf die Eltern angewiesen sein, da braucht man einen kühlen Kopf.

Mir wurde so richtig bewusst, wie wir Sportler als Maschinen hergenommen werden. Ich bin in ein Unterwasser-Laufband gesteckt worden. Dann hat es geheißen, du läufst so und so lang. Du wirst überall verkabelt. Du kriegst eine Maske auf, mit der die Luft gemessen wird. Die Angst fährt noch immer mit. Aber ich schaue, dass ich sie loswerde.

andererseits: Deine Familie ist eine große Skifamilie. Deine Schwester ist auch deine Voraus-Läuferin. Wie wichtig ist es, die Unterstützung von der Familie zu bekommen?

Veronika Aigner: Die Eltern müssen dahinter stehen, wenn die Kinder Skifahren.. Der Sport ist so teuer. Was mein Vater an Geld reingesteckt hat, das ist irre. Meine Mama hat so gut wie jede Seh-Krankheit. Sie wollte nie, dass ich dieselbe Jugend habe wie sie. Sie hat mich alles machen lassen. Sogar Tennis spielen. Bis ich selber draufgekommen bin, entweder treffe ich den Ball nicht oder es werden Mondbälle.

Mit meiner Schwester als Voraus-Läuferin funktioniert es richtig gut. Sie weiß einfach, wie ich in manchen Lebens-Situationen ticke. Du musst dich als Team nicht nur auf der Piste verstehen können, sondern auch abseits.

andererseits: Machst du es also aus Leidenschaft oder auch, um Aufmerksamkeit für den Seh-behinderten-Sport zu bringen?

Veronika Aigner: Also die Rennen fahr’ ich wirklich nur für mich. Aber gerade so Sachen wie Kitzbühel, das mache ich schon, um den Leuten zu zeigen: Die Kinder müssen nicht in einen goldenen Käfig gesteckt werden, wenn sie eine Behinderung haben. Die Paralympics oder die Weltmeisterschaft, die werden zum Teil schon im ORF übertragen. Aber so ein normales Weltcup-Rennen nicht. Wir haben keine Zuschauer, der ORF ist selten dabei. Der größte Wunsch wäre, dass man ins Ziel kommt und ein paar hundert Leute jubeln und mit einem Feiern.

 

Dieser Text ist von Studierenden der FH Wien der WKW. Unsere Redakteur*innen Lisa Steiner und Emilia Garbsch unterrichten dort das Fach “Journalismus ohne Barrieren”.

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GPA

Redaktion

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Zeichnung von

Lisa-Marie Lehner

Lektorat

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