>>Zucker macht mir sehr dickes Bäuchlein und ich nasche manchmal und nur selten und ich jammere nur noch, dass ich wieder zugenommen hab‘.
Der Zucker hat nämlich 100 Gramm Zucker, das ist reiner Zucker. Der Zucker macht sehr krank, wenn wir sehr, sehr oft Zucker essen.
Bei Lebensmitteln sind es zum Beispiel weiße Süßigkeiten, die machen auch sehr viele Kilos – und sehr viel Zucker.
Mein Opa ist nämlich zuckerkrank und muss jeden Tag spritzen und meine Oma muss ihm fast jeden Tag helfen.<<
Unsere Autorin Hanna Gugler liebt Süßigkeiten. Sie liebt Naschen. Am liebsten mag sie Gummibärchen und Limo. Wenn Hanna erst einmal angefangen hat zu naschen, kann sie gar nicht mehr aufhören. Für ihre Gesundheit ist das nicht gut und das weiß sie auch. Ihr Opa hat Diabetes und muss sich deshalb regelmäßig Insulin spritzen. Hanna sieht das – und nascht trotzdem. Sie sagt, sie ist süchtig. Für uns hat sie alles über die süße Versuchung in ihrem Leben aufgeschrieben.
>> Ich trinke immer Limo und mein Papa – der Oberhirsch – kriegt immer einen Zuckaus. Mein Papa liebt mich sehr und mein Papa macht sich richtig Sorgen um mich, wenn ich immer nasche und Limo trinke. Mein Papa mag es nicht, wenn sein Tochterherz immer mehr zunimmt. Zucker macht einfach so dick wegen Kilos, aber ich habe heute wieder genascht.<<
So wie Hanna geht es sehr vielen Menschen in Österreich. 91 Gramm Zucker isst heute jede und jeder Österreicher:in im Schnitt am Tag. 25 bis 50 Gramm sollten es laut Weltgesundheitsorganisation sein -– das wären täglich fünf bis zehn Teelöffel Zucker. Die meisten Menschen unterschätzen ihren Zuckerkonsum. Problem sind in diesem Zusammenhang nicht nur Süßigkeiten sondern vor allem der versteckte Zucker. Viele Lebensmittel, wo wir es nicht erwarten würden, enthalten Zucker, so zum Beispiel Senf, Ketchup, Fruchtjoghurts, Müsli, Limonaden, Fruchtsäfte oder auch Smoothies.
Zuckersucht ?
>>Auch Früchte enthalten Zucker und auch wenn der gut ist, trinke ich immer wieder Limo und was passiert? Ich nehme wieder zu und das ärgert mich. Ich habe jetzt eine neue Sucht, Limo Trinken, und ich kann nicht aufhören – die Limos sind zu gut. Das tut meiner Seele gut.
Ich habe wieder genascht, diesmal Süßigkeiten von meinem Osternest. Die sind so gut, da konnte ich einfach nicht mehr aufhören zu naschen – ich bin eine Naschkatze. Zucker ist die reine Kalorienbombe und macht sehr dick, aber ich war schon immer eine Naschkatze und nasche einfach zu viel in mich hinein.
Ich brauche immer etwas zum Naschen, aber ich kann dann nicht mehr aufhören. Bei mir ist das nicht so leicht mit dem Aufhören, ich liebe das Naschen einfach so sehr. Ich nasche die Packung immer leer und denke mir dann “Scheiße, ich hab‘ zu viel genascht”, aber dann scheiß‘ ich auf die Kilos, obwohl ich nicht zunehmen will.<<
Sobald Hanna Süßigkeiten vor sich stehen sieht, sendet ihr Gehirn ein Signal an den Körper aus. Das Belohnungszentrum vermeldet: „Das ist gut – greif zu“. Hat Hanna das Gummibärchen oder die Schokolade dann erst einmal im Mund, melden bestimmte Rezeptoren auf ihrer Zunge ans Gehirn, dass sie etwas Süßes schmeckt. Und das Gehirn belohnt Hanna mit dem „Glückshormon“ Serotonin und mit einem guten Gefühl. Aber kann man da tatsächlich von Sucht sprechen?
„Prinzipiell können bestimmte Lebensmittelinhaltsstoffe das Belohnungssystem aktivieren und es gibt einige Parallelen zu Suchtverhalten“, schreibt Barbara Lieder auf unsere Frage. Sie forscht an der Universität Wien am Institut für Physiologische Chemie der Fakultät für Chemie zu Süßstoffen. Außerdem leitet sie das Christian Doppler Labor für Geschmacksforschung. Ob es eine Zuckersucht gibt, ist wissenschaftlich umstritten. Wie sehr wir Zucker mögen und wie gut wir ihn vertragen, hängt von sehr vielen Faktoren ab. „Bereits Neugeborene zeigen eine Präferenz für Süßes und eine Ablehnung für Bitteres. Das ist evolutionär betrachtet auch sinnvoll, da süß meist für eine Energiequelle steht, Bitteres dagegen häufig ungenießbar oder sogar giftig ist“, erklärt Barbara Lieder. Auch die gesundheitlichen Folgen von übermäßigem Zuckerkonsum sind von Mensch zu Mensch verschieden.
>>Wenn wir zu viel Gummibären in uns reinfuttern, bekommen wir vom Zucker vielleicht Diabetes und dann müssen wir gegen Zucker immer spritzen und die Spritze ist überhaupt nicht gut. Bei der Zuckerkrankheit gibt es verschiedene Symptome: dauerndes Durstgefühl, häufiges Urinieren (auch nachts), und auch Appetitlosigkeit oder Heißhunger. Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, auch psychische Probleme und nachlassende Sehstärke sind Symptome.
Zu viel Zucker kann auch für die Zähne sehr schädlich sein, weil der Zucker die Zähne kaputt macht. Ich will das vermeiden, weil mein Papa Zahnarzt ist. Wenn wir zu viel Zucker essen, bekommen wir außerdem Heißhunger und irgendwann könnten wir dann Diabetes bekommen. Dann müssen wir auch jeden Tag spritzen und das ist nicht gut für den ganzen Körper. Irgendwann kann man davon auch sterben und ich möchte vermeiden, dass Leute sterben. <<
Jede:r zehnte in Österreich leidet an Diabetes
Jeder zehnte Mensch in Österreich leidet wie Hannas Opa an der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus, allerdings weiß mindestens ein Drittel der Betroffenen (noch) nichts davon. Bei Diabetes unterscheidet man zwischen Typ I und Typ II. Menschen mit einer Diabetes-Erkrankung können in ihrem Körper nicht genug Insulin produzieren oder das körpereigene Insulin wirkt nicht mehr ausreichend, um den ganzen Zucker, den sie essen, zu verarbeiten. Das Hormon Insulin schleust nämlich den Zucker aus unserem Blut in die Zellen, wo dann Energie für den Körper produziert wird. Früher oder später müssen die meisten Diabetes-Kranken durch das Spritzen von Insulin den eigenen Blutzucker regulieren. Die Folgen der Krankheit können Nierenerkrankungen und viele andere Leiden sein, sogar Herzinfarkte oder Schlaganfälle können davon kommen. Alle 50 Minuten stirbt in Österreich ein Mensch an den Folgen von Diabetes, das sind zirka 10.000 Menschen im Jahr.
Eine weitere Folge von zu viel Zucker sind wie Hanna sagt die Kilos. Gemessen am Verhältnis der Körpergröße zum Körpergewicht („Body Mass Index“, BMI) ist bereits jeder dritte Mensch in Österreich übergewichtig. 16,5 Prozent der Bevölkerung sind sogar fettleibig, also adipös. Die Zahl der sehr übergewichtigen Menschen in Österreich ist in den letzten Jahren stets angestiegen. Um zu vermeiden, dass man zu viele Kilos bekommt, sollte man – klar – auf Süßigkeiten verzichten und auf versteckten Zucker achten. Auch, wenn man Zucker in natürlicher Form, also über Honig oder in Früchten, zu sich nimmt, kann der übermäßige Konsum negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Ein wichtiger Faktor, um gesund zu bleiben, ist außerdem Bewegung.
Body-Positivity
>>Mein Bauch wird speckig und rundlich und ich jammere. Wenn ich wieder zunehme – und ich will nicht zunehmen – dann sieht das auch nicht so gut aus. Aber ich will mich nicht zu viel aufregen und deshalb mache ich mehr Sport.<<
Nur etwa vier von zehn Österreicherinnen und Österreichern sind mit ihrem eigenen Gewicht zufrieden, das ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts “Marketagent” im Jahr 2019. Darunter sind also viele Menschen, die nicht übergewichtig sind, sich aber trotzdem nicht wohl in ihrer Haut fühlen. Die “Body-Positivity-Bewegung” will der Gesellschaft zeigen, dass jeder Körper schön ist, egal wie dick oder dünn, wie groß oder klein, wie jung oder alt. In Fotokampagnen und den sozialen Medien wird die Unterschiedlichkeit und Vielfalt des menschlichen Körpers zelebriert, anstatt unrealistische Schönheitsideale zu bewerben. Sich selbst schön zu finden – egal mit welchem Gewicht -, ist sehr wichtig. Glücklich sein können wir am ehesten, wenn wir uns selbst so akzeptieren, wie wir sind. Das bedeutet aber nicht, dass man auf eine gesunde Ernährung nicht Acht geben muss.
>>So können wir wieder dünn werden, gemeinsam mit gesundem Essen. Verschiedene Salate und auch Brot, mehr Nudeln und vor allem viel Gemüse soll man essen. Auch Fleisch kann man essen oder mehr Obst, damit wir alle Vitamine zu uns nehmen, die unsere Körper brauchen. Vor allem soll man viel Wasser trinken, statt immer nur Limo. Wir sollten weniger Zucker essen, wieder mehr Sport machen und gesunde Sachen essen, weniger Chips und Snacks essen. Ich esse jetzt mehr Gesundes, zum Beispiel Brot, viel Nudelsalat und auch Fleisch, mehr Salate und mehr Obst und Gemüse – das sind gesunde Lebensmittel. Zucker ist einfach so ungesund für den Körper. Wenn wir immer Ungesundes essen, nehmen wir zu und das ist nicht gut.<<
„Wir haben damit angefangen, aus unseren Eigenmarkenprodukten Schritt für Schritt den Zucker zu entfernen“, sagt Nicole Berkmann in einem Video-Interview. Sie ist die Unternehmenssprecherin des Lebensmittelkonzerns „Spar“. Über die “Zucker-raus-Initiative“ versucht die Supermarktkette, die Zuckermengen bei den eigenen Produkten zu reduzieren. Wie man das macht, erklärt Berkmann anhand des klassischen Beispiels Fruchtjogurt. „Ein Fruchtjoghurt hat 14 bis 15 Gramm Zucker drin, unter anderem, weil die Früchte selbst Zucker enthalten. Wenn man nur 25 Gramm am Tag essen darf, hat man das bei zwei Joghurts schon zu sich genommen – daran denkt man nicht“, sagt Nicole Berkmann. Jetzt soll der Zucker im Joghurt weniger werden und zwar Schritt für Schritt, erst 13 Gramm, dann 12,5, dann zwölf, und so weiter. „Wenn Hanna ein Erdbeer-Joghurt von uns kauft, weil es ihr wegen der Süße schmeckt und wir nehmen zu schnell zu viel Zucker raus, dann schmeckt es ihr nicht mehr“, sagt Nicole Berkmann. Und schließlich wolle man, dass Hanna weiterhin die Produkte kauft, auch mit weniger Zucker. „Die Vorgabe der Reduktion geben wir allen Herstellern, die bei ‚Zucker raus‘ dabei sind“, sagt Berkmann. Das sind zum Beispiel Nestlé, Danone, die Firma Nöm, Almdudler und viele andere Unternehmen.
„Zucker in Lebensmitteln trägt nicht nur zur Süße bei, sondern auch zu Textur, Volumen, Haltbarkeit, et cetera“, schreibt die Wissenschafterin Barbara Lieder. „Daher ist es aus technologischer Sicht nicht immer so einfach möglich, den Zucker wegzulassen. Zucker per se ist jetzt auch nichts Schlechtes, er sollte aber in Maßen genossen werden“, schreibt sie. Die Forscherin empfiehlt auch, auf versteckten Zucker in Lebensmitteln zu achten. „Je nach Marke hat man das Tagessoll nämlich auch schon mit zwei Esslöffeln Ketchup erreicht.“ Nicole Berkmann von „Spar“ rät Naschkatzen wie Hanna, Limonaden zum Beispiel mit Wasser oder Soda zu verdünnen und vor allem zwischen den Mahlzeiten nichts Süßes zu essen. Hanna nimmt den bitteren Ratschlag zur Kenntnis.
>>Ich habe wieder genascht. Wenn die Haribo-Dose vor mir steht, greife ich immer wieder hinein und höre fast nicht mehr auf. Diesmal habe ich drei oder vier Stück Haribo genascht. Ich bin heute vor dem Süßigkeitenregal gestanden und es sieht alles so gut aus, aber ich habe weitergearbeitet. Ich liebe Süßigkeiten aber auf immer und ewig.
Wenn ich die Süßigkeiten bei der Arbeit sehe, würde ich viel lieber naschen als arbeiten, aber ich darf sie einfach nicht zu mir nehmen. Außerdem kosten Süßigkeiten sehr viel Geld und das will ich auch vermeiden. Ich esse lieber Nudeln, anstatt zu naschen. Ich möchte so gerne aufhören, aber ich schaffe es nicht. Ich versuche es immer wieder, sodass ich schon fast nicht mehr naschen mag. Ich würde gerne wirklich aufhören, aber der Zucker geht mir nicht mehr aus dem Kopf.<<
Text: Hanna Gugler und Sarah Kleiner
Grafik: Moritz Wildberger