Für mich gibt es kein Geradeaus

Angela ist blind. Mit andererseits spricht sie über die Hürden, die ihr im Alltag in der Stadt begegnen. Und darüber, was Graz besser macht als Wien.
Die Collage zeigt bestimmte Dinge, die für Angelika typisch für das Stadtbild sind. Im Zentrum der Collage befindet sich ein Blindenleitsystem, das den Weg durch die Stadt beschreibt. Es zeigt, dass es schwierig sein kann, Hindernisse wie E-Roller, Mülltonnen oder Poller zu überwinden. In der Mitte der Collage steht auch der Schriftzug "Look Left Right", der Angelikas Aussage aufgreift, dass sie keine klare Richtung kennt und sich auf andere Orientierungshilfen verlassen muss. Die Ampel symbolisiert das Überqueren der Straße, was für blinde Menschen oft eine große Herausforderung darstellt. Die grüne Ampelphase ist oft zu kurz oder das akustische Signal zu leise und nicht hörbar.

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Collage von Gabriel Gschaider – Bildbeschreibung:

Die Collage zeigt Dinge, die typisch für die Stadt sind und Angela bekannt sind. Im Mittelpunkt steht ein besonderer Gehweg für blinde Menschen, der ihnen den Weg durch die Stadt zeigt. Es zeigt, dass es schwierig sein kann, Hindernisse wie E-Roller, Mülltonnen oder Poller zu überwinden. In der Mitte der Collage steht auch der Schriftzug „Look Left Right“. Angela weiß nämlich nicht wo welche Richtung ist. Deswegen muss Angela andere Hilfsmittel verwenden. Die Ampel steht für das Überqueren der Straße, was für blinde Menschen oft sehr schwierig ist. Die grüne Ampelphase ist oft zu kurz oder das akustische Signal zu leise und nicht gut hörbar.

Protokoll eines Gesprächs mit Angela, 46, einer blinden Frau aus Wien.

Als blinde Person stehe ich meiner Stadt anders gegenüber. Es ist lustig, wenn ich zum Beispiel am Stephansplatz bin beschreiben mir Leute den Weg mit: nur gerade aus. Wenn man nichts sieht, dann hat man aber kein Geradeaus. Ich habe nichts an dem ich das festmachen kann, ich spüre nicht ob ich nach links oder rechts abdrifte. Sinnvoll sind da Leitsysteme zum Beispiel auf großen Plätzen, die das Geradeaus erfordern.

Ein Thema sind auch E-Roller, die für blinde Menschen echt gefährlich sind. Die stehen oder liegen über dem Leitsystem. Ohne das Leitsystem wäre es ein Hürdenlauf.  Bei diesen Leitsystemen muss mir aber auch gezeigt werden, wo es hinführt. Zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden, wie Ämtern. Nur weil da Linien sind, die in verschiedene Richtungen abzweigen, weiß ich noch nicht wo ich hin muss. Da wünsche ich mir ein Leitsystem mit tastbaren Plänen und Blindenschrift.

Von meinem Standpunkt aus gehört Wien zu den wahrscheinlich barrierefreieren Städten in ganz Europa. Aber in anderen Städten gibt es auch hilfreiche Elemente. Zum Beispiel die Aufmerksamkeitsfelder in Graz: Ganz vorne bei der Bahn-Station ist ein spürbares Noppenfeld, bei dem mich der Fahrer dann auch gleich sieht. In den Öffis funktioniert es in Wien gut mit dem Leitsystem am Bahnsteig. Bei den Haltestellen von Bus und Bim, wünsche ich mir aber noch diese Aufmerksamkeitsfelder. Und bei S-Bahnen, Bus und Straßenbahn wünsche ich mir einen spürbaren rauen, orangfarbenen leuchtenden Streifen der mich hinführt. Für Doppelhaltestellen, an denen mehrere Linien halten, gibt es wiederum in Linz eine gute Lösung: Durch ein Funksystem wird da die Linie angesagt. Allerdings braucht man einen speziellen Sender. Ich würde mir wünschen, dass sie das auch für Smartphones bauen.

In der Nacht werden auch viele Ampeln ausgeschaltet. Da muss man dann schauen, wie man überlebt.

Das Überqueren der Straße kann für mich sehr stressig werden – zehn Sekunden grüne Ampel ist oft sehr kurz. Ein Symbol-Plan auf den Ampelkästen kann dabei sehr helfen, abzuschätzen wie breit die Straße ist. Die Lautstärke des akustischen Ampelsystems ist in Linz laut und in Wien manchmal recht leise. In Linz aktiviert es auch der Sender, aber ohne Knopf an der Ampel wie in Wien und ohne Sender. Und in der Nacht werden auch viele Ampeln ausgeschaltet. Da muss man dann schauen, wie man überlebt.

Insgesamt kommt mir vor, dass es mit der Barrierefreiheit eher wieder zurück geht. Im AKH, einem grossen Wiener Krankenhaus, gab es bis vor kurzer Zeit sprechende Lifte – jetzt gibt es einen Touchscreen, bei dem es an blindenleserlichen Knöpfen fehlt. Ich nenne das Verschlimm-Besserung.

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