Nima Sabouni leitet die Personalabteilung der Pizzakette L’Osteria. Mit Luise Jäger spricht er über die Arbeitsatmosphäre in großen Küchen, gelungene Kommunikation und Pizzateig.

 

 

 

von Luise Jäger, unterstützt von Lisa Kreutzer
Illustration: Clara Sinnitsch

 

 

 

In Österreich sind Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiter:innen verpflichtet, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Sonst muss das Unternehmen eine Ausgleichstaxe zahlen. Bei der Firmengröße von L’Osteria wären es rund 400 Euro pro fehlendem Mitarbeiter:in pro Monat. Was hältst du von der Quote?

 

Ich finde die Quote sehr wichtig für die Gesellschaft und stehe total dahinter. Wir haben 15 Restaurants in Österreich mit rund 620 Mitarbeiter:innen. Derzeit sind zwei Prozent davon Menschen mit Behinderung. Das heißt österreichweit haben wir bisher leider nur 22 Menschen mit Behinderung als Mitarbeiter eingestellt. Ich würde mir viel mehr wünschen. Das Problem ist, dass wir nicht genug Bewerbungen bekommen. Aber wir bleiben am Ball. Unser Ziel soll sein: Minimum zehn Prozent.

 

 

 

Seit 
wann beschäftigt ihr in L’Osteria Menschen mit Behinderungen?

 

Leider sind wir erst mit Einführung der Quote vor zwei Jahren aktiv geworden, vor zwei Jahren haben wir begonnen. Zuerst wegen der Ausgleichstaxe, die ist ja aufgrund unserer Firmengröße höher ausgefallen. Aber wenn wir heute die Zeit zurückdrehen könnten, hätten wir das viel früher gemacht. Ich möchte betonen, dass Menschen mit Behinderungen schon davor bei uns im Unternehmen waren. Für uns war das normal. Aber es war eben nicht so, dass wir gesagt haben, wir beschäftigen als Zielgruppe Menschen mit Behinderung.

 

 

 

In welchen Bereichen arbeiten Menschen mit Behinderungen in L’Osteria?

 

Draußen im Restaurant machen sie “Kommi”, also sie bedienen und räumen ab und schauen, dass alles sauber ist. In der Küche arbeiten viele in der Vorbereitung, sie kümmern sich, dass die Köche immer alles parat haben, die Kühlhäuser bestückt sind. Und wenn sie wollen, dann können sie auch in der Reinigung oder an der Spüle arbeiten.

 

 

 

Was sind ihre Arbeitszeiten?

 

In der Reinigung beginnt man in der Früh. Das kann um 5:00 Uhr oder 6:00 Uhr sein und dann arbeitet man eben so lange wie das Anstellungsverhältnis ist. In der Küche fängt die Vorbereitung so um 9:00 Uhr an. Am Abend die Kommis beginnen um 15:00 Uhr.

 

 

 

Wie hoch ist das Gehalt?

 

Menschen mit Behinderung verdienen bei uns genauso viel wie Menschen ohne Behinderung in denselben Positionen.

 

 

 

Haben die Menschen eine intellektuelle oder körperliche Behinderung?

 

Was alles möglich ist, das haben wir mit dem Betriebsservice in Wien ausprobiert. Die Bedingung in unserem Betrieb ist: In allen Positionen müssen beide Hände und Füße funktionieren. Größtenteils arbeiten bei uns damit Menschen, die nicht sprechen und nicht hören können. Bald kommt auch ein Mitarbeiter mit Down-Syndrom. 

 

 

 

Welchen Beruf haben die Menschen mit Behinderung gelernt?

 

In der Verwaltung haben wir jemanden, der ist IT-Experte, dann einen Hausmeister, er hat Tischler gelernt. In Wien haben wir auch gelernte Köche. Dieses Jahr starten wir eine Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule in Salzburg. Da kommen beeinträchtigte Mitarbeiter, die studieren und bei uns ein Praktikum machen können.

 

Illustration eines gedeckten Tisches. In der Mitte steht ein Teller mit Pizza. Eine Hand hält ein Stück Pizza. Eine weitere Hand greift nach einem Glas Wasser.
Illustration: Clara Sinnitsch, Armin Längle

 

Was ist das Gute am inklusiven Arbeiten?

 

Die Teams sind ruhiger geworden und die Fluktuation hat abgenommen, das freut mich besonders. Seit wir beispielsweise Menschen im Team haben, die taub sind, hat sich die Teamdynamik verändert. Früher war es viel hektischer, wurde mehr in den Küchen herumgeschrien. Aber wenn jemand einfach nichts hört, dann muss man eben andere Formen der Kommunikation finden. Schreien hilft halt nichts. Dieser ganze Stress, diese Hektik, die macht plötzlich keinen Sinn mehr. Dann findet man einen neuen Weg  zu kommunizieren. Ich muss dann ruhig sprechen, damit es von meinen Lippen abgelesen werden kann. Und unserer Meinung nach harmoniert das jetzt viel besser, die Teams sind geduldiger geworden. Das beobachten auch unsere Gäste, in unseren offenen Küchen, dass der Umgang gut ist. Dafür kriegen wir sehr gutes Feedback. 

 

 

 

In Küchen ist Stress und ein rauer Ton ja oft an der Tagesordnung. Ist er notwendig, um die Arbeitslast zu bewältigen?

 

Auf keinen Fall. So geht es oft sogar schneller. Ohne Geschrei und Hektik wird man auch fertig.

 

Gibt es Herausforderungen?

 

Die Herausforderung derzeit ist, dass wir gerne mehr Menschen mit Behinderungen einstellen würden, aber sie sich eher sporadisch oder in Wellen bei uns bewerben. Wir haben gar nicht so viele Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen. Ich weiß nicht, woran das liegt. 

 

 

 

Wie sieht das perfekte Team aus?

 

Eine Mischung von allem, weiblich, männlich, mit und ohne Behinderung. Alle sind herzlich eingeladen, bei uns zu arbeiten. Das Wichtige ist, das Potential einer Person zu erkennen und richtig einzusetzen. 

 

 

 

Wird Inklusion in der Arbeitswelt schon ausreichend gelebt?

 

Ich glaube nicht, ich glaube, dass da noch sehr viel Spielraum ist. Wir laden gerne jede Firma ein, bei uns reinzuschauen. Damit mehr Firmen von der Befürchtung abkommen, dass es nicht funktioniert. 

 

 

 

Eine Frage habe ich noch: Mit welchem Teig wird eure Pizza gemacht?

 

Unseren Teig machen wir selbst. Dafür verwenden wir eine eigene Mehlmischung. Ich lade dich herzlich ein, dass du vorbeikommst und dir anschaust wie wir die Pizzen machen. Am besten bleibst du dann gleich für eine Pizza und ein Getränk da!