Das Team von andererseits sitzt um ienen Tisch und arbeitet gemeinsam

Schau rein: Macht Fehler!

12. Juli 2023

andererseits ist seit knapp einem Jahr ein Medienunternehmen - in dieser Zeit ist viel passiert! Clara aus unserer Geschäftsführung erklärt, was sie gelernt hat.

andererseits gibt es seit September 2022 als Medienunternehmen. Wir sind mit einem Community Modell an den Start gegangen und haben ein erfolgreiches erstes Jahr hinter uns: Wir haben den Film “Das Spenden Problem“ veröffentlicht, über 50.000 Menschen haben ihn gesehen und er hat mehrere Preise gewonnen. Wir haben gezeigt, wie wichtig der Journalismus ist, den wir machen. Am wichtigsten aber: Wir haben über 800 Unterstützer*innen. Die community ist damit unser wichtigstes Standbein.

Ich bin eigentlich Journalistin und habe gemeinsam mit Lukas Burnar eine GmbH gegründet und die Geschäftsführung übernommen. Wie man ein Medium gründet? Ich hatte keine Ahnung. Ich wollte, dass es andererseits gibt. Also habe ich so viel gelernt, wie irgendwie geht. Vor allem, indem ich Fehler gemacht habe. Meine wichtigsten Lektionen:

1. Nicht alles, das funktioniert, zahlt sich auch aus.

Als wir andererseits gegründet haben, dachten wir: Es braucht Standbeine neben Abos und Unterstützungen. Unser Ziel ist ein stabiles Medienunternehmen, in dem Journalismus von und für die Community im Zentrum steht. Eine Idee, das zu gewährleisten, war mit Unternehmen in Form von Sponsoring bei Events zusammenzuarbeiten. In der Umsetzung hat das zwar funktioniert, war aber aufwendiger, also teurer als gedacht. Geld in den Journalismus hat das kaum gebracht – auch wenn es funktioniert. Deshalb haben wir unsere Strategie geändert und setzen Veranstaltungen in anderer Form um. Ähnlich ging es uns beim Verkauf von Merch: Der hat funktioniert, aber viel Arbeit gemacht und nicht allzu viel Geld gebracht. Wir haben wieder aufgehört. Die Regel ist: andererseits ist ein Medium. Was nicht Journalismus ist, muss dem Journalismus helfen. Und wenn es das nicht tut, lassen wir es. Auch wenn es schön ist.

2. Es ist nicht so wichtig, wer deine User sind, sondern wichtiger, was sie von dir brauchen.

Ein Teil meiner Aufgaben bei andererseits ist die Formatentwicklung. Als ich begonnen habe, über Nutzer*innen und ihre Wünsche nachzudenken, habe ich mich gefragt: Wo leben sie? Welchen Beruf haben sie? Wie alt sind sie? Wollen sie Videos sehen oder Texte lesen?

Das ist für ein Medium wie andererseits der völlig falsche Zugang: In Gesprächen mit unterschiedlichen Nutzern wurde klar: Ob sechzehn und in der Großstadt oder 59 und aus einem 300- Einwohner*innendorf: Menschen kommen nicht zu andererseits, weil sie Magazintexte lesen oder Videos sehen wollen. Sie kommen, weil sie sich eine Perspektive wünschen, die ihnen in den Medien fehlt: Die von Menschen mit Behinderungen. Sie werden also Videos ansehen, solange sie darin neue Perspektiven bekommen. Sie werden Texte lesen, wenn sie eine neue Sichtweise eröffnen und sie werden – zumindest wenn es sehr gut läuft – Abos abschließen, wenn sie dadurch noch besseren Zugang zu der Perspektive bekommen.

Zu verstehen, dass es um Bedürfnisse geht und welche Bedürfnisse das sind, hat mir geholfen, besser über die journalistischen Produkte, die wir anbieten, nachzudenken und Journalismus zu machen, den die Menschen wirklich brauchen.

3. Du hast keine Ahnung, was auf dich zukommt.

Viele Menschen haben mir gesagt: Du gründest ein Medium. Das wird wild. Ich habe dann meistens genickt und mir gedacht: Die haben Unrecht. Ich komme schon klar.

Das war absoluter Blödsinn. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt. Es ist viel, viel schwieriger, als ich dachte, ein Medium mit aufzubauen. Es braucht Geduld und Durchhaltevermögen. Es gibt jede Woche, jeden Tag, Erfolge und Misserfolge. Meine Arbeit setzt mich, wenn ich nicht aufpasse, ständig unter Adrenalin. Und vor allem wird sie schwerer, je erfolgreicher und größer das Projekt ist. Das ist alles okay.

Aber: Ich habe gemerkt, dass ich Unterstützung brauche: Die Menschen in unserem Team, für die ich arbeite und die kritisch darauf schauen, was ich mache. Menschen, die Dinge besser können als ich und mir erklären, was wir machen sollten. Menschen, die man weinend anrufen kann und die dann etwas Kluges sagen. Sie erinnern mich daran, dass diese Zeit dazu da ist, Fehler zu machen. Gerade darum geht es ja.

Dieser Text ist zuerst im Newsletter Blaupause von Sebastian Esser erschienen.

Außerdem ist er auf der Website des International Press Institute, an deren Transition Accelerator wir teilgenommen haben.

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