andererseits: Frau Veran, Sie waren Teil von einer Gruppe, die die erste Integrations-Klasse gestartet hat. Warum haben sie sich schon früh für Inklusion eingesetzt – in einer Zeit, in der das noch kaum jemand getan hat?

Traude Veran: Das hat schon in meiner Kindheit angefangen. Ich bin mit einem Buben in die Schule gegangen, der hat keine Unterarme gehabt. Alle haben gesagt, der Blöde, der ist ja nicht ganz normal. Und ich habe mir gedacht: Der ist völlig normal, der ist genauso wie ich, der hat halt nur keine Unterarme.
Im Laufe der Jahre habe ich oft Menschen kennengelernt, die für blöd angeschaut worden sind. Ab 1976 war ich dann im Burgenland Schulpsychologin und habe dort eine junge Lehrerin kennengelernt. Wir wollten beide, dass alle Kinder in der Schule zusammen sein können und nicht manche in die Sonderschule müssen.

1984 haben wir dann die erste Integrations-Klasse gegen großen Widerstand gegründet – weil die Menschen das nicht kannten und viele Lehrer dagegen waren. Geholfen hat uns damals der Landeshauptmann. Er war immer sehr offen. Je verrückter die Idee, desto genauer hat er zugehört.

andererseits: Wie kann man sich diese erste Integrations-Klasse in Österreich vorstellen?

Traude Veran: In der ersten Klasse waren nur 13 Kinder, wir haben einfach nicht mehr gekriegt. Vier waren behindert. Es waren mehr angemeldet und irgendwer hat die Eltern dann überredet, sie sollen die Kinder wieder abmelden. Auch zwei Behinderte. Für die Kinder gab es diese Kategorie gar nicht: Eine Schülerin hat dann nach ein paar Monaten erzählt, dass ihre Mutter gesagt hat: In der Klasse sind auch Behinderte. Dann hat sie die Lehrerin gefragt, wer denn behindert ist.

andererseits: Sie leben mittlerweile selbst mit mehreren Behinderungen. Früher haben Sie andere unterstützt. Jetzt brauchen Sie selbst Unterstützung. Wie ist das für Sie?

Traude Veran: Nachdem ich jetzt selber behindert bin, erlebe ich, dass es besonders unangenehm ist, weil mir Leute dauernd helfen wollen. Die Jungen machen das nicht, die Jungen gehen höchstens auf die Seite, dass ich vorbei kann. Aber die Älteren, die stürzen sich auf mich und wollen mir helfen mit dem Rollator. Ungefragt. Im Heim hätte ich nichts dagegen Hilfe anzunehmen, wenn wir nicht so Personal-Mangel hätten. Man traut sich wirklich schon nichts zu sagen, wenn man was braucht.

Redaktion: Lisa Kreutzer

Lektorat: Claudia Burner

Foto: Privat

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