Ein Stoppschild worauf kein Zutritt für Anreisende steht

Die Corona-Reha

21. September 2020

Jedes Jahr fährt unser Autor auf Reha. Dieses Jahr ist alles anders.Seine Geschichte zeigt, welche Herausforderungen das Corona-Virus für das Gesundheitswesen bringt.

Jedes Jahr fährt unser Autor auf Reha. Dieses Jahr ist alles anders.Seine Geschichte zeigt, welche Herausforderungen das Corona-Virus für das Gesundheitswesen bringt.

“Wenn Sie sich nicht an die Regeln halten, werden Sie sofort heimgeschickt”, wird mir gleich an der Rezeption erklärt. Es ist der Beginn von meinem Reha-Aufenthalt in Bad Radkersburg in der Steiermark. Ich muss überall im Haus einen Mundschutz tragen, weil wenn ich keinen trage, ist das ein Grund, dass die Reha abgebrochen wird. Ich werde auf mein Zimmer gebracht, wo mit mir noch Untersuchungen wie Fiebermessen und ein Corona-Test vorgenommen werden. Der war nach drei Stunden Gott-sei-Dank negativ und währenddessen durfte ich mein Zimmer nicht verlassen und das Mittagessen wurde mir aufs Zimmer gebracht. Es ist mein fünfter Reha-Besuch. Letztes Jahr war ich auch schon in Bad Radkersburg. Aber dieses Jahr war Vieles anders. Wie sieht eine Reha zu Corona-Zeiten also aus?

Wenn ich zum Speisesaal komme, muss ich mich mit der Zimmernummer anmelden, dann gehe ich hinein. Sofort ist dort ein Desinfektionsspender. Dann folge ich Pfeilen am Boden, die anzeigen in welche Richtung ich gehen darf. In der Mitte von den Pfeilen ist eine durchgehende Linie. So wie auf der Straße. Sie führen zum Tisch mit der eigenen Tischkarte. Das ist mein Platz für die nächsten vier Wochen. Auf einem Sechsertisch sitzen nur drei Leute mit Abstand. Alle müssen Masken tragen, außer beim Essen, und alle müssen sich an den Tagesplan und die vorgesehenen Uhrzeiten halten.

“Wegen unseren Schutzmaßnahmen und den Testungen hat es bisher keine Corona-Fälle bei uns gegeben. Es gab einmal einen positiven Test bei einer Anreise. Die Person wurde gleich in Quarantäne nach Hause geschickt”, sagt Wolfgang Kubik. Er ist ärztlicher Leiter im Reha-Zentrum.

Als es noch kein Corona gab

Letztes Jahr ohne Corona war alles viel leichter und gemütlicher. Die Therapien und die Bewegung im Haus war ohne Maske angenehmer. Ich konnte Essen gehen, wann ich will und es sich selber nehmen. Jetzt ist alles sehr ungewöhnlich und seltsam. Ich kann alles machen, was früher bei den Rehas auch ging – aber mit Maske ist es eben anders. Bei Therapien stehen oder sitzen die Leute zwei Meter auseinander und es wird mehr geputzt. Nach und vor der Therapie müssen sich alle die Hände desinfizieren und auch beim Essen.

Die Meinungen von den anderen Gästen dazu sind ganz verschieden. “Mich stört die Maske voll. Sie ist sehr unangenehm”, sagt eine Patientin. Das findet auch eine andere. Zwei andere Patient:innen finden: “Die Maske ist mir ganz egal.” Sie haben sich schon daran gewöhnt. “Ich finde die Maske auch anstrengend. Aber sie ist zum Schutz wichtig”, sagt mein Physiotherapeut. Er wird, wie alle Angestellten, jede Woche auf Corona getestet.

Heuer können circa ein Viertel weniger Leute Reha in Radkersburg machen. Weil natürlich jedes Doppelzimmer zum Einzelzimmer wurde. Außer man hat eine Begleitperson, dann ist es eine Ausnahme. Reha ist für die allgemeine körperliche Gesundheit sehr wichtig. Ich bin nach jeder Reha fitter. Es gibt viele Leute die sind nach einem Unfall oder mit einer Behinderung auf Reha angewiesen und brauchen einen Platz. Aber wegen Corona müssen sie jetzt länger warten.

Auch im Ort ist dieses Jahr ist im Ort viel weniger los. Letztes Jahr gab es Stände und Live-Musik und Stadtführungen. Dieses Jahr sind nur ein paar Geschäfte offen.

Bad Radkersburg, links: Stadtführung 2019, rechts: leerer Hauptplatz 2020

Viele Regeln, trotzdem Klarheit

Für jeden Termin gibt es andere Regeln. Bei einer Schulung müssen wir die Maske immer aufhaben, sobald nicht zwei Meter Abstand sind. Beim Nordic Walken dürfen wir die Masken abnehmen. Bei Physiotherapie darf ich die Maske bei der Therapie abnehmen und beim Krafttraining muss ich eine Maske tragen, außer bei den Geräten. Bei der Wassertherapie muss ich bis Beckenrand die Maske aufsetzen, im Wasser brauche ich keine. Abstand halten funktioniert immer, außer bei der Physiotherapie. 

Ich finde die vielen Regeln nicht verwirrend, man gewöhnt sich daran. Für mich sind die Regeln okay, weil es geht ja um den gegenseitigen Schutz. Mich nervt nur, dass andere so unvernünftig sind und sie nicht tragen. Denn leider halten sich nicht alle daran. Das Haus ist so groß, dass nicht überall jemand aufpassen kann. Wenn am Gang Patient:innen erwischt werden oder vergessen, sie aufzusetzen, wird ihnen das gesagt und sie darauf aufmerksam gemacht. Aber nicht alle nehmen das ernst. Ich habe manche von denen später nicht wieder gesehen. Vielleicht wurden sie wirklich heimgeschickt?

“Es kann vorkommen, dass jemand darauf vergisst, aber nach einem Hinweis von unserer Seite sofort die Maske aufsetzt. Wenn sich aber jemand uneinsichtig zeigt, wird der Reha-Aufenthalt abgebrochen. Das ist schon einige Male vorgekommen”, sagt der ärztliche Leiter Kubik. Auch andere Regelverletzungen, wie unerlaubtes Fernbleiben oder Alkoholmissbrauch, führen zu einem Abbruch. 

Ich darf dieses Jahr keinen Besuch am Zimmer haben. Als meine Familie zu Besuch kommt, können wir uns also nur unten im Eingangsbereich sehen. Darum treffen wir uns immer draußen. Laut den Corona-Regeln darf ich mich draußen mit Leuten treffen, aber nicht im Lokal drinnen sitzen.

Ein Freund von mir ist zur gleichen Zeit woanders auf Reha. Ich will ihn am Wochenende treffen, aber er hat gesagt, er darf nicht raus in der Freizeit. In Bad Radkersburg dürfen wir den ganzen Tag raus und machen was wir wollen, wenn keine Therapien sind. Die Regeln sind nämlich überall anders und nicht einheitlich. Die darf jeder Reha-Ort selber bestimmen.

Diese Reha war sehr ungewöhnlich, im Vergleich zum Vorjahr. Aber sie war auch unter diesen Voraussetzungen und Regeln sehr gut. Das Klima dort und die Umgebung ist super. Nächstes Jahr will ich wieder dort hin. Mein Wunsch wäre aber, dass alles wieder so wird wie es war. 

Text und Fotos: Sebastian Gruber, unterstützt von Emilia Garbsch